Fünf Frauen im London der 1920er – ein Ziel: Das Streben nach einer Veränderung in einer von Männern dominierten Welt. Am 23.09.2021 öffnete sich erstmals der Vorhang für das Musical „Supsenders“ der Klasse 4aLM, welches sich mit genau diesem Thema auseinandersetzt. Michèle Fedi, welche eine der Hauptrollen spielt, stellt sich den Fragen von kanti live und zeigt uns, wie es „behind the scenes“ aussieht.
Worum geht es im Musical “Suspenders”?
Es geht um fünf Frauen in ganz unterschiedlichen Lebenslagen: Eine reiche Tochter der High Society (von uns liebevoll “die Prinzessin“ genannt), eine Prostituierte, eine einfache Hausfrau, eine Fabrikarbeiterin und eine Einwanderin. Ihre Gemeinsamkeit: Sie haben es nicht immer leicht und wünschen sich eine Veränderung in ihrem Leben. Per Zufall kommen sie zusammen und gründen eine Gang. Unter anderem weil die Prostituierte und die Fabrikarbeiterin die Opfer kannten, wollen sie diesen beziehungsweise die drei Mordfälle klären.
Wir haben das Musical in den 1920ern spielen lassen, also in einer Zeit, in der die Frauenrechte nur teilweise etabliert waren und ihr Ansehen wesentlich geringer war. Wir wollten zum einen ein Stück voller Frauenpower – der Frauenanteil in unserer Klasse beträgt 23:2 – vielmehr aber war uns wichtig, hervorzuheben, dass diese Power von den Personen selbst abhängt und nicht aber von ihrem Geschlecht oder ihrem gesellschaftlichen Stand. So gesehen, geht es in “Suspenders“ nicht um Emanzipation oder einen Krimi, sondern darum, sich von niemandem in eine Schublade stecken zu lassen.
Wie lange hat es von der ersten Probe bis zu ersten Aufführung gedauert?
Am Anfang unseres dritten Schuljahres kam die Idee von einem Musical auf. Im November begannen wir dann mit der Ausarbeitung eines roten Fadens, also der eigentlichen Geschichte. Drehbuch und Texte wurden in der BUI verfasst, ebenso die Songs und Lyrics. Zwei Tage der BUII wurden ebenfalls dem Musical gewidmet. Effektiv geprobt haben wir ab der Woche nach der Vormatura. In zwei bis vier Lektionen pro Woche studierten wir Szene für Szene ein. Sechs Tage vor der Premiere begannen die intensiven Proben. Wir wurden von den meisten Lektionen dispensiert, um uns ganz auf das Musical konzentrieren zu können. Das war toll, aber hiess für uns nicht nur “juhee, schulfrei!“, sondern auch anstrengendes Wiederholen vieler Szenen, manchmal bis in die Nacht hinein.
Bei dem ganzen Übungsprozess wurden wir bis ins Detail von Pascale Pfeuti unterstützt, die als Schauspielerin beim Theater St. Gallen arbeitet. Ihre Tipps waren Gold wert!
Gibt es Geschichten von “behind the scenes”? Ist alles nach Plan gelaufen?
Ob es Geschichten gibt? Massenweise! Ob alles nach Plan lief? Gar nichts lief nach Plan!
Bei der ernstesten Szene, einem Übergriff auf eine der Hauptfiguren, musste die Schauspielerin immer lachen. Bei der Schlusschoreografie fielen ständig alle übereinander. Und einmal hat jemand voll ins Mikrofon gestöhnt.
Mir gefiel es am besten, wenn wir hinter dem Vorhang nichts zu tun hatten und tanzten oder pantomimisch Basketballkörbe warfen! Dabei durften wir nicht rumlaufen, weil man unsere Schritte gehört hätte. So waren die Beine wie angeklebt auf dem Boden, während wir mit dem Oberkörper voll abgingen.
Einmal nach einer Überarbeitung des Skriptes legte ich mich auf einen der Tische, weil ich so müde war von der Arbeit. Ich seufzte und sagte, ich wolle, dass die Liebesgeschichte im Musical genau so werde wie in einem meiner Lieblingsfilme! (Das ist sie by the way nicht geworden; sie ist besser!)
Wie kam die Meldung des 13. Septembers, dass Anlässe nur noch mit Zertifikatspflicht besucht werden dürfen, bei euch an? Denkst du, das hat einen Einfluss auf die Besucherzahlen?
Ich hoffe, es hat keinen Einfluss, gehe aber davon aus. Die Neuigkeit war in dem Sinne auch gar nicht neu, denn wir sind es ja mittlerweile gewohnt, dass Corona bei so manchem dreinfunkt. Wir bringen, glaube ich, alle Eltern irgendwie in eine Vorstellung, und hoffen, dass wir auch andere Zuschauer*innen motivieren können, trotz der Massnahmen zu kommen.
Wie lief die Premiere?
Unglaublich! Wir haben es wirklich geschafft, unser Musical auf die Bühne zu bringen! Wir Schauspieler*innen war voll im Feeling und die Backstage-Crew war wohl kaum mehr zu halten, wenn die Songs liefen. Ich hoffe, das ist auch auf das Publikum übergesprungen. Wir haben uns über jede und jeden gefreut, die oder der gekommen ist, um “Suspenders“ zu sehen – das bedeutet uns viel. Ich denke, wir sind ready für die nächsten Runden!
Es hat so grossen Spass gemacht, das Musical zu erarbeiten und aufzuführen. Obwohl es manchmal stressig war – sehr stressig -, würde ich diese Erfahrung NIE wieder hergeben. Wir haben gelernt, was es alles braucht, und wieviel man beachten muss. Es ist beispielsweise entscheidend, ob man von links oder rechts auf die Bühne tritt. Man muss sich ausserdem an seinen Text halten, damit die Band weiss, wann ihr Einsatz kommt. Wir hatten übrigens eine fantastische Band! Improvisation sollte man aber auch beherrschen. Steht eine Flasche zu wenig auf dem Tisch, ruft man eben nach dem nicht vorhandenen Kellner und eine von den grossartigen Stagehands bringt noch schnell ein “Bier“!
Während den Proben zu diskutieren, zu lachen und einander beim Walzer auf die Füsse zu treten, war etwas vom Allerbesten!
So viel mehr ist nötig, als das, was auf der Bühne zu sehen ist. Ein Flyer muss gestaltet, ein ganzes Programmheft designt und formatiert werden, nach authentischen Kostümen und Frisuren muss erst einmal recherchiert werden. Dann muss alles besorgt, ausgeliehen und zusammengestellt werden. Die Schüler*innen kommen viel früher in die Garderobe, um sich selbst oder anderen die Haare zu frisieren, die Schminke aufzulegen oder beim Anziehen zu helfen. Manchmal waren wir auch einfach froh, um jemanden, der uns einen Kaffee holte. Das Licht muss genau in den richtigen Momenten an oder aus sein. Die Band muss sich perfekt absprechen, untereinander und mit den Schauspieler*innen. Dazu kommen die Schüler*innen, die während der ganzen Vorstellung die Bühne umbauen, Ordnung halten, Listen schreiben und Markierungen einzeichnen. Wichtig bei der Inszenierung und auch bei den Aufführungen für den Zusammenhalt ist natürlich die Regie. Wir hatten zwei phänomenale Regisseurinnen, die sich fabelhaft ergänzten und uns mit ihren Ideen und ihrem Einsatz dorthin brachten, wo wir am Schluss einer Aufführung stehen werden, wenn das Publikum applaudiert und der Vorhang fällt.
Bild von Nicolas Kreutzer