Mein Semester in der Romandie

Für ein Semester habe ich den Blick meines idyllischen Schulwegs auf der 151 Buslinie mit dem des schäbigen Genfersees vertauscht. Jetzt bin ich wieder zurück aus meinem Französischaufenthalt und kann täglich die friedvolle Atmosphäre des St. Galler Bahnhofs geniessen.

Möchtest du wissen, wie das Leben im französischsprachigen Teil der Schweiz aussieht? Hättest du Lust, auch ein Semester im wilden Westen der Schweiz zu verbringen? Falls ja, dann lies weiter, um Einblicke in Kleinigkeiten aus der Romandie zu bekommen.

Na gut, ich gibs zu, der Genfersee ist fast so traumhaft wie der Kantipark. Auch ist es das Städtchen, in dem ich kurzfristig gelebt habe: Vevey. Es liegt eine halbstündige Autofahrt von Lausanne entfernt und ist etwa 3-mal kleiner, doch auch 3-mal sehenswürdiger als Lausanne und dies hat einen Grund… …Eine riesige Gabel, die mitten im doch-nicht-so-schäbigen Lac Léman steht und Aufmerksamkeit sucht.

Ausserdem besitzt Vevey reichlich gemütliche Cafés, Touristenattraktionen, genauso wie ein nicht-existierendes Nachtleben.

Ich wohnte zusammen mit einer pensionierten älteren Dame, die sehr lieb war. Jedoch konnte ich mein Französisch selten in meinem netten Zuhause üben, da ich so ziemlich alles allein erledigen musste und unsere Wege sich nur beim ins-Badezimmer-Laufen schnitten. Aber hey… ich war gezwungen zu lernen, wie man kocht! Nun kann ich Weltklasse-Instant-Nudeln zubereiten.

Mein erster Schultag verlief angenehmer als ich erwartet hatte. Ich kam als nervöse und introvertierte Deutschschweizerin mit begrenzten Französischkenntnissen an, doch glücklicherweise nahm mich eine Freundesgruppe auf und befreite mich aus meinem Elend. Wir fingen zwar schon in der ersten Lektion mit französischer Literatur an, deren deutsche Übersetzung ich Mühe hätte zu verstehen, aber die Westschweizer*innen sind ganz lieb und erlaubten es mir den lebensrettenden Google-Übersetzer auf meinem Handy zu benutzen. Stellt euch vor – zurück zum ausschliesslich analogen Unterrichten, denn an den Gymnasien im Kanton Vaud greifen sie zurück auf Papier und Stift in der Hand. Die Tradition hört da nicht auf: das Rausschicken von munteren, wortreichen Schüler*innen ist eine beliebte Bestrafungsmethode der Westschweizer Lehrer*innen und wird überraschend häufig angewendet.

In den ersten Wochen hatte ich Mühe, mich auszudrücken und meine Schulfreund*innen zu verstehen, doch nach einer Weile gewöhnte sich mein Gehirn an die Sprache und konnte dem roten Faden im Gewirr der ständigen «euh…»’s und «alors»’s der Westschweizer*innen folgen. Ich bin zwar nicht als französisches Baguette zurückgekehrt und schreibe von nun an nur 6er im Französisch, doch ich denke, dass ich die Grammatik und das Vokabular, das ich mir über die 7-Jahre Französischunterricht in den Schädel hämmern musste, verinnerlichte und Konversationen führen kann. Doch falls ich etwas über den «subjonctif» gefragt werde, muss ich leider «au revoir» sagen und weglaufen.

Wenn du mit dem Gedanken spielst, einen französischen Sprachaufenthalt zu machen, möchte ich dir ein paar allgemeine Informationen und Tipps mitgeben.

Allgemeine Informationen

  • Beginn: Man kann den Semesteraufenthalt beginnen, sobald die Notenabgabe (ca. Mitte Januar) stattgefunden hat
  • Bedingungen: Um solch einen Aufenthalt zu machen, muss man die Promotion des ersten Semesters der 2. Klasse bestanden haben
  • Promotionsreglement: Die Noten während des Semesteraufenthalts zählen nicht
  • Gastfamilie: Die Gastfamilie muss selbst organisiert werden
  • Kosten: Kosten müssen mit der Gastfamilie besprochen werden

(Ich zahlte etwa 700 CHF Miete und musste selbst meine Nahrungsmittel kaufen (ca. 300 CHF im Monat) à insgesamt ca. 1000 CHF im Monat)

  • Der grösste Gewinn: Du wirst viel mehr Freizeit haben

Meine Tipps

  • Wörterliste: Führe während deines Alltags eine Liste mit Wörtern, die du nicht verstehst und versuche diese, so gut wie es geht, zu lernen.
  • Abenteuer: Erkundige das Gebiet, in dem du lebst.

Dafür braucht es eventuell ein bisschen Planung, da es oft dazu kommen kann, dass man kurze Tripps zu Museen oder Attraktionen aufschiebt und am Schluss doch nicht geht. Also: Plane und werde zu einem Organisationstalent.

  • Keine Angst vor Fehlern: Versuche so viel du kannst zu reden, auch wenn es unangenehm ist und du Fehler machen wirst.
  • Immersion: Schaue Videos/Filme/Serien oder höre Podcasts/Musik auf Französisch
  • Kultur: Geh zu Events, die in deiner Stadt stattfinden
  • Hobbys: Tritt Vereinen bei (z.B. Sportvereinen)
  • Chancen: Nutze die viele Freizeit, die du hast, und mache Dinge, für die du in deinem Leben an der KSBG keine Zeit hättest

Ich wünsche dir «bon voyage» für dein Semester in der Romandie und glaube daran, dass du als «subjonctif-meisterndes Baguette» zurückkehren kannst.

 

Bildquellen:

 https://media.routard.com/image/73/2/pt69443.1278732.w430.jpg

https://switzerland-tour.com/storage/media/Vevey/Vevey-is-a-Swiss-town-on-Lake-Geneva.jpg