Vor genau einer Woche fand die Preisverleihung des Schreibwettbewerbs statt, der alle zwei Jahre stattfindet. Auf den Schulgängen konnte man ein Plakat sehen mit der prominenten Aufschrift „DRECK“, was das diesjährige Motto war, an das man sich bei seiner Kurzgeschichte halten musste.
Vorgaben wie Textlänge und Stil konnte ich keine finden, aber die Siegertexte sind alle längere Prosatexte, die zwischen 600 und 1400 Wörter haben. Wieso es nur Prosatexte auf das Podium geschafft haben, weiss ich nicht. Vielleicht bevorzugen die Bewerter längere und narrative Formate, vielleicht war es doch eine Vorgabe, oder es gab schlicht keine guten Texte, die entweder lyrisch oder im kürzeren Format geschrieben waren. Ich konnte nur einen Text aus dem Jahr 2020 finden, der signifikant kürzer war, mit nur 300 Wörtern. Geschrieben war er jedoch auch in Prosa…
Besonders jetzt, wo künstliche Intelligenzen wie ChatGPT eine bestimmte Prominenz in unserer Gesellschaft erreicht haben, stellt sich die Frage, ob es noch Sinn macht, solch einen Wettbewerb zu veranstalten, wo man doch seinen Text mit einer künstlichen Intelligenz schreiben könnte. International werden bei Schreibwettbewerben immer mehr künstliche Intelligenzen erlaubt. In Japan hat Rie Kudan den Akutagawa-Preis gewonnen für ihren Roman „Tokyo-to Dojo-to“ (Tokio-Turm der Sympathie), der zum Teil mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz geschrieben wurde.
Rosina Albrecht, die diesjährige Preisverleihungsleiterin, sehe künstliche Intelligenzen wie ChatGPT als ein Werkzeug. Sie können einem Ideen bringen, sowie auch dabei helfen, seine Ideen so auszudrücken, wie man es gerade möchte, aber vielleicht im Moment nicht kann. Es wäre ein wichtiger Schritt in die Zukunft. Man könnte ChatGPT mit Photoshop oder Blender vergleichen. Beides sind Werkzeuge, aber an sich werden sie keine schönen Fotos oder 3D-Animationen liefern. Es braucht jemanden mit einer Idee, der sich mit den Werkzeugen auskennt, um etwas zu schaffen, das seiner eigenen Vision entspricht. Der Gebrauch von künstlichen Intelligenzen ist und wird daher in diesem Stil erlaubt sein.
Mit einem Preisgeld von 400 Fr. hätte ich sehr viele Beiträge erwartet, jedoch wurden dieses Jahr nur 120 Texte eingereicht. Auch wenn man nicht den ersten Platz erreicht, bekommt man auch für den zweiten und dritten Platz einen Preis von je 200 bzw. 100 Fr.. Für den vierten Platz gibt es einen Anerkennungspreis in Form eines Gutscheins im Wert von 50 Fr. für Bücher. Es kann sechs Gewinner im vierten Platz geben, aber nur zwei im dritten, vierten und ersten Platz. Es wird zwischen Kategorie A und B unterschieden. In der Kategorie A sind UGler und Erstklässler inbegriffen, in Kategorie B Zweit-, Dritt- und Viertklässler. Jedoch muss nicht unbedingt einer aus Kategorie A und einer aus Kategorie B bei jedem Platz gewinnen. Es kann auch zweimal A oder B sein, wie es dieses Jahr auf Platz 3 der Fall war, wo zweimal die Kategorie B gewonnen hat. Wen nur das Geld interessiert, wird sicher merken, dass es viele Möglichkeiten gibt zu gewinnen – man muss nur einen guten Text schreiben können.
Das Werbeplakat war, zumindest für mich, recht unattraktiv und verwirrend. In einer Ecke konnte man zwar „Schreibwettbewerb“ lesen, aber 90 % des Plakats bestand aus der stilisierten Aufschrift „DRECK“, die für jemanden wie mich, der neu dabei ist, keinerlei Aussage hatte. Das Preisgeld war sehr klein gedruckt und hinter roten und grünen Balken etwas versteckt. Ausserdem fehlte auf dem Plakat eine Erklärung, was „DRECK“ überhaupt bedeutet, worum es hier geht oder was die Schreibvorgaben sind. Vielleicht war das absichtlich so gestaltet, um den Bewertern das Leben etwas leichter zu machen – wer weiss…