(Bild: Harald Greve)
Harald Greve ist Religionslehrer an unserer Schule, aber auch Pfarrer in der evangelischen Kirche. Eine Mischung, der man nicht jeden Tag über den Weg läuft. Darum haben wir uns hingesetzt und mit ihm über ,,Gott und die Schule’’ geredet.
Erzählen Sie doch mal, wie sind Sie zum Theologie Studium gekommen und wie sind Sie dann Lehrer und Pfarrer geworden?
,Ursprünglich bin ich bis zum 20 Lebensjahr in der kirchlichen Jugendarbeit involviert gewesen, das bedeutet, dass ich von der Betreuung von Kinderlagern bis zu Jugendlagern alles durchlaufen habe. Danach wollte ich Sozialpädagogik studieren, um mich in diesem Beruf zu betätigen, habe aber nach zwei Semestern festgestellt, dass dies nicht meine Welt ist. Darum habe ich mich dann mit dem Theologie Studium befasst.
Vor dem Studium hatte ich ein mulmiges Gefühl, weil ich wusste, dass man noch einiges an Sprachen nachholen musste. Trotzdem habe ich mich aber für das Studium entschieden, weil ich mir vorstellte, dass wenn ich Pfarrer werde, meine Ziele besser umsetzen kann.
So fing ich in Hamburg an zwölf Semester Theologie zu studieren. Durch die Sprachausbildung hat das Studium lange gedauert. Im Studium war aber auch eine Lehrerausbildung miteingeschlossen. So konnte ich beide Berufe erlernen und war dementsprechend vorbereitet.
Haben Sie mit beiden Berufen gleichzeitig angefangen?
Nein, das nicht. Ich bin dann zuerst in den Pfarrerberuf gegangen.
Sie sind schon wie lange Lehrer?
An der KSBG bin ich seit 2005.
Vorher haben Sie nicht unterrichtet?
Doch, zum Pfarrerberuf gehört natürlich der Religionsunterricht an den Schulen dazu. Von daher war ich, was den Kontakt zu Schülerinnen und Schülern angeht, schon von der beruflichen Seite involviert.
Gibt es Ähnlichkeiten in den zwei Berufen?
Im Pfarrerberuf bin ich zuständig für verschiede Altersgruppen. Diejenigen im Berufsleben, Pensionierte, Jugendliche und weitere. Das Spektrum ist recht gross, daher bin ich der Herausforderung, mich auf neue Menschen und Lebenssituationen einzustellen, gewohnt. Im Beruf als Lehrer ist es sehr ähnlich, wenn auch nicht in einem so grossen Spektrum.
Ist es eine grosse Herausforderung neutral gegenüber den Schülern zu bleiben?
Ich unterscheide strikt zwischen der persönlichen Meinung und meinem Auftrag als Lehrer und Pfarrer. Das sind für mich klar zwei verschiedene Dinge. Natürlich muss ich hinter dem stehen, was ich sage, sei es im Gottesdienst oder im Unterricht. Ich verstehe meinen Auftrag als Pfarrer nicht so, dass ich Leute zum Glauben überreden soll, sondern ich möchte ihnen helfen mit ihrem Glauben klarzukommen. Den Schülern möchte ich auch helfen, mit all den verschiedenen Religionen klarzukommen.
Also war das noch nie ein Problem für Sie?
Nein, denn ich war nie derjenige Lehrer, der Schüler von etwas überzeugen möchte. Viel mehr möchte ich die Inhalte überbringen, welche ich für wichtig empfinde im Zusammenhang mit den verschiedenen Religionen. Meine Aufgabe ist es nicht, bestimmte Überzeugungen zu übermitteln, daher sehe ich komplett keine Schwierigkeiten dabei.
Denken Sie die heutige Jugend ist noch interessiert an der Religion oder war es früher anders?
Der Besuch der institutionellen Kirchen der Landeskirchen in der Schweiz ist ein Teil der Jugend. Wenn wir von der Jugend allgemein sprechen, dann bin ich der Meinung, dass die heutige Jugend viel aufgeschlossener ist, weil sie sich sehr schnell informiert und nicht darauf angewiesen ist, die Erwachsenen zu fragen. Sie kann auf Informationen zugreifen und sich entsprechend vorbereiten.
Sehen Sie ein Problem darin?
Ja, denn im Ganzen liegt auch ein Punkt, der schwierig ist. Die heutige Informationsbeschaffung ist sehr leicht und somit ist es auch leicht, die Jugend zu verleiten. Das Problem ist, dass nicht hinterfragt wird. Es werden schnell Meinungen gemacht und Überzeugungen übernommen. Hier ist es die Aufgabe der Schule oder des Vereins, den Jugendlichen aufzuzeigen, dass man hinterfragen muss und wie man sich ein Bild macht, mit guten und vertraulichen Informationen.
Denken Sie, dass die Jugend sich heute eine bessere, eigene Meinung bilden kann, weil wir mehr Quellen haben als früher?
Ich denke, dass die heutige Jugend sehr viel offener ist. Ich erlebe, das was fremde Religionen angeht, dass sie ganz schnell bereit dazu sind, zuzuhören und sich Gedanken zu machen. Im Vergleich zu früher sind sie viel offener. Sie gehen auch an diese fremden Dinge gut vorbereitet heran, weil sie schon sehr viele Informationen mitbekommen, die früher so nicht weitergegeben wurden. Früher war die Jugend eingeschränkter. Was jetzt besser oder schlechter ist, das kann ich nicht sagen. Es hängt von der Persönlichkeit ab. Für einige Jugendliche ist es wichtig, dass sie Halt haben, für andere nicht.
Gibt es heutzutage mehr Programme für die Jugendlichen in den Landeskirchen als früher?
Es ist ein ganz schwieriger Wettbewerb, Jugendliche für kirchliche Belange zu gewinnen. Die Jugendlichen sind viel kritischer. Sie haben mehr Möglichkeiten, sich irgendwo zu engagieren oder mitzumachen. Zu meiner Zeit hat es gereicht, wenn gesagt wurde, dass es Musik gibt und es nichts kostet. Heute ist es nicht mehr so. Durch das Internet können auch viel schneller Interessengruppen gebildet werden, das haben wir bei den Demonstrationen zum Klimawandel gesehen. Institutionelle Kirchen haben es schwierig. Im Kanton St.Gallen macht man sehr viel mit Angeboten für Jugendliche, welche in meinen Augen auch zeitgemäss sind.