Die Maske ist inzwischen zu einem internationalen Symbol für die Coronapandemie geworden. Die einen schwören auf ihre Schutzwirkung, andere bestreiten diese und Brillenträger verabscheuen die Maske gar gänzlich. Tatsache ist jedoch, dass das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in einigen Ecken der Welt längst verordnet wurde. Das schweizerische Bundesamt für Gesundheit tat dies bisher nur im öffentlichen Verkehr. Den Rest überliess der Bund mit einer höflichen Empfehlung den Kantonen. Anscheinend kann aber nicht jeder Kanton sinnvoll mit dieser Verantwortung umgehen.
Rektor Marc König hat zu Beginn des Schuljahres betont, wie veränderlich die Anweisungen bezüglich der Schutzmassnahmen seien: “Was ich Ihnen hier erzähle, gilt jetzt, heute.“ Doch seit Schulbeginn haben sich keinerlei Vorschriften geändert, woraus sich ja eigentlich schliessen lassen kann, dass die jetzige Situation keine strengeren Massnahmen fordere.
Die Realität sieht aber anders aus. Seit Ende Juni steigen die Fallzahlen. Gestern hat der Kanton St.Gallen schweizweit die zweithöchste Anzahl an Neuansteckungen verzeichnet. Die Situation ist also keineswegs unter Kontrolle. Schulen sind einer schnellen Verbreitung des Virus besonders hingestreckt, vor allem infolge der Schwierigkeiten beim Einhalten des 1,5m-Abstands. Deshalb haben zwölf der 26 Kantone die Schüler und Schülerinnen an ihren Mittelschulen dazu verpflichtet, eine Maske zu tragen, da ebendieser Abstand oft nicht eingehalten werden kann.
Mit mehr als 1300 Schülerinnen und Schülern und etwa 200 Lehrpersonen gehört die Kantonsschule am Burggraben zu den schweizweit grössten Gymnasien. Der empfohlene Abstand kann auch hier nicht überall eingehalten werden, weshalb blind auf die Effektivität des Contact-Tracings vertraut wird. Wie konsequent die Lehrerschaft die Klassenspiegel erstellt hat und ob sich die Schüler an diese halten, ist abzuwarten. Spätestens beim Sportunterricht und bei klassenübergreifenden Fächern wird die Rückführung der Infektionskette zu einem Ding der Unmöglichkeit.
Den Schulbetrieb auf eine sichere Weise zu gestalten und einen potenziellen Ausbruch einzudämmen ist unbestreitbar eine Herkulesaufgabe. Die Einführung einer allgemeinen Maskenpflicht könnte dabei eine Hilfe sein. Sie kann aber auch dafür sorgen, dass die Detonation dieser Zeitbombe wenigstens für so lange wie möglich hinausgeschoben wird und der Präsenzunterricht aufrechterhalten werden kann. Aus diesem Grund hat die Kantonsschule zu Beginn dieser Woche den Entscheid für eine Maskenpflicht in Gängen und allen Fächern getroffen, welche stammklassenübergreifend durchgeführt werden. Ein sinnvoller Ansatz, um die Schüler- und Lehrerschaft vor einem Ausbruch an der Kantonsschule zu schützen, und im Vergleich zu den zahlreichen anderen Kantonen, welche eine permanente Maskenpflicht vorschreiben, eine zwar milde, aber vertretbare Vorschrift.
Nun ist allerdings durchgesickert, dass die Entscheidung der Schule angeblich von “ganz oben“ zurückgewiesen wurde. Während einigen 4. Klässlern im Ergänzungsfach am Dienstag noch die letzte Lektion ohne Maske angekündigt wurde, war dieser Entscheid am Mittwochmorgen vom Kanton bereits niedergeschlagen worden. Argumente für diese Ablehnung sind nur schwer vorstellbar. Während die Berner Bildungsdirektion die Verschiedenheit der Gegebenheiten und nötigen Massnahmen an Schulen anerkennt, wird im Kanton St.Gallen eine vernünftige Massnahme ausser Kraft gesetzt. “[Die Schulen] sind sehr unterschiedlich und sie sollen das entscheiden können, wie sie die Situation vor Ort einschätzen. Sie wissen, wie viele Schülerinnen und Schüler [sie haben], wie gross ihre Räume sind […] und darum sind sie es, die entscheiden, wie es wirklich vor Ort läuft,“ meint Christine Häsler, Bildungsdirektorin Bern. Die Rektoratskommission ist mit der Situation an der Kanti bestens vertraut und hat einen direkten Blick auf den Ernst der Lage. Es ist schlicht und einfach unsinnig, ja fast schon fahrlässig, ihr die Freiheit zu verwehren, eine adäquate Entscheidung bezüglich der Einführung einer Maskenpflicht an der Kantonsschule am Burggraben zu treffen und den Schutz der eigenen Bevölkerung abzulehnen. Vielleicht sind die “ganz oben“ ja Brillenträger und haben die Maske über die Augen und Ohren gezogen.
Es liegt nun an uns, ein verantwortungsvolles Verhalten aufzuzeigen und aus Solidarität zu unseren Mitmenschen die Maske nicht über Augen und Ohren, sondern einfach über Mund und Nase zu ziehen.
Bild: Stepan Vedunov
Ein Beitrag von Pascal Keel, Stepan Vedunov und Sebastian Truijens