“Das Schutzkonzept hat sich so bewährt”: drei Ärzte des Kinderspitals St.Gallen zur aktuellen Corona-Lage

Die Infektiologen Herr Prof. Dr. med. Lauener, Frau Dr. Niederer-Loher und Herr Dr. med. Kahlert haben zusammen unsere brennendsten Fragen zur aktuellen Situation im Spital und zu den Schutzmassnahmen beantwortet .

Wie ist die aktuelle Situation im Kinderspital St. Gallen? Ist die Auslastung eher grösser, kleiner oder gleich als im Durchschnitt?

Die Auslastung ist kleiner als normalerweise und wir behandeln zurzeit praktisch keine COVID-19-Fälle. Generell sind massiv weniger Patienten mit Atemwegsinfektionen auf der Notfallstation.

Behandelte das Kinderspital viele Covid-Patient*innen im vergangenen Jahr?

 Das Kinderspital behandelte nur wenige «banale» Fälle. Einige wenige Patienten erlitten eine PIMS, eine entzündliche Folgeerkrankung nach COVID-19. Heute sind aber alle wieder gesund.

An der KSBG herrscht im Moment Präsenzpflicht mit Maske, wie stehen Sie dazu?

Leider muss das in der aktuellen Situation ab dem Alter von 12 Jahren empfohlen werden. Als Kinderärzte fühlen wir uns verantwortlich für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen. Daher erscheinen uns offene Schulen zentral. Dies sieht die Mehrheit der Kinderärzte weltweit so, denn die Nebenwirkungen (Gewalt, Depression, Medienkonsum, Bewegungsmangel, Lernrückstand) während des 1. Lockdowns wurden im Nachhinein sehr deutlich und sind für den 2. Lockdown noch nicht bekannt. In anderen Ländern kommen noch viele andere Probleme wie z.B. Unterernährung dazu. Da ist der Präsenzunterricht mit Maske definitiv zu bevorzugen.

Was wären Ihrer Meinung nach adäquate Massnahmen an Schulen, insbesondere der Kantonsschule, zur Eindämmung des Virus?

Das Schutzkonzept hat sich so bewährt. Rest-Risiken sind noch v.a. in Situationen wie gemeinsames Essen und in der korrekten Umsetzung des Konzepts. Hier muss noch eine Lösung gefunden werden.

Denken Sie, das Tragen von Masken hat einen physischen oder psychischen Einfluss auf die Schüler*innen?

Nein, wenn klar argumentiert ist, dass Maskentragen im Moment für die Bewältigung der Situation notwendig ist, ist es für eine Zeit vertretbar. Die Schüler*innen und sollen sich bewusst sein, dass dies nur vorübergehend ist.

Wie kritisch beurteilen Sie das regelmässige Lüften bei solch tiefen Temperaturen, die vor kurzer Zeit herrschten?

Auch dass muss leider aktuell empfohlen werden… frische Luft 2x kurz pro Lektion erscheint uns vor Hintergrund des Effekts vertretbar.

Die KSBG ist eine sehr grosse Schule. Ist es angemessen, sie gleich zu beurteilen wie zum Beispiel Schulen, die nicht einmal die Hälfte der Schüler*innen aufweisen können?

Schutzkonzepte müssen sicher an die Grösse der Schule angepasst werden vor allem gerade beim Beispiel des gemeinsamen Essens. Allerdings ist grundsätzlich von einer ähnlichen Ausgangslage auszugehen.

Für wie wertvoll schätzen Sie es ein, dass die Kantone selbst über die Massnahmen an Schulen bestimmen dürfen? Würden Sie eine einheitliche Lösung befürworten?

Der „Kantönligeist“ ist hier eher von Vorteil aus meiner Sicht, da Anpassungen auf lokale Gegebenheiten möglich sind. Zudem erlaubt dies verschiedene Konzepte zu verfolgen und voneinander zu lernen, sofern kommuniziert wird zwischen den Kantonen. So kann vielleicht eher verhindert werden, dass alle in eine Sackgasse laufen wie in anderen Ländern. Aber es bedingt natürlich, dass der Effekt der unterschiedlichen Massnahmen auch ausgewertet werden.

Bildquelle: https://rmhc.ch/wp-content/uploads/2018/10/ostschweizer-kispi.jpg