“Das Gendersternchen stört den Lesefluss”: Tagblatt-Chefredaktor Stefan Schmid nimmt Stellung zum Gendern

“Kantonsräte sorgen sich um Schulabgänger” – so lautet eine Schlagzeile des St. Galler Tagblatts von diesem Montag. Nur stellt sich die Frage: Wo bleiben die Kantonsrätinnen, wo die Schulabgängerinnen? Oder handelt es sich hier wirklich ausschliesslich um Männer? Verwirrend – nicht wahr?

In unserer Alltagssprache werden oft männliche Personenbezeichnungen verwendet, bei denen weibliche und nicht-binäre Menschen nur “mitgemeint” werden. In der Schweiz ist es auch bei den meisten grösseren Medienhäusern noch heute gang und gäbe, diese Form – das sogenannte “generische Maskulinum” – zu verwenden. Einige Behörden und Institutionen haben sich jedoch bereits dem Zeitgeist angepasst. Wie kürzlich bekannt gegeben wurde, will etwa das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) neue Regeln für eine gendergerechte Sprache einführen. Aus welchen Gründen das St. Galler Tagblatt (noch) nicht konsequent gendert, erfährst du in folgendem Kurzinterview mit Stefan Schmid, dem Chefredaktor unserer Regionalzeitung.

 

Herr Schmid, wie gendern Sie beim St. Galler Tagblatt?

Derzeit gibt es dazu noch keine klaren Regeln. Wir sind aber daran, gestützt auf Empfehlungen einer Arbeitsgruppe, diese Frage CH Media weit zu klären. Ich persönlich verwende bei Gelegenheit immer beide Geschlechtsvarianten.

Wenn man Ihre Zeitung regelmässig liest, wird deutlich, dass die Verwendung beider Geschlechtsvarianten nicht konsequent umgesetzt wird. Warum nicht? 

Weil es nicht immer Sinn macht, beide Varianten zu benutzen. Hinzu kommt: Die Sensibilität, beide Geschlechtsvarianten zu benutzen, ist noch nicht überall gleich hoch.

Wenn man ein Gendersternchen setzt, werden auch nicht-binäre Menschen miteinbezogen, das heisst Personen, welche sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen können. Warum benutzen Sie diese Variante des Genderns nicht?

Wir verzichten bei CH Media darauf, das Gender-Sternchen zu benutzen, da wir der Ansicht sind, dass dieses den Lesefluss stört. Die gute Lesbarkeit von journalistischen Texten ist aber ein zentrales Gut eines Medienhauses.

Bild: www.tagblatt.ch