Sind IBler*innen die Elite der Kanti, Herr Lütolf?

Seit 2017 bietet die KSBG das IB Diploma Program an, 2019 hat die erste Klasse ihre Diplome erhalten. Im Interview mit Samuel Diggelmann und Finn Bogdan erklärt der Rektor Michael Lütolf, was das IB eigentlich ist und was es den Schüler*innen bringt.

 

Herr Lütolf, Sie sind seit bald sieben Wochen der neue Rektor unserer Schule. Wie fühlt sich das an?

Ich habe mich gut eingelebt und erfahre allseits eine gute Unterstützung. Die Aufgaben sind vielfältig, teils herausfordernd und oft spannend. Alles in allem macht mir meine neue Arbeit viel Freude und ich hoffe, dass sie für alle Beteiligten gewinnbringend ist. Dass ich nun die Gesamtverantwortung für die Schule trage, erfüllt mich manchmal schon mit Respekt, aber ich kann nach wie vor gut schlafen und mich auf ein eingespieltes und motiviertes Team abstützen. Die Leute an der Schule kenne ich schon gut. Ich denke, dies macht es für mich einfacher, als wenn ich neu an die Schule gekommen wäre.

 

Würden Sie sich nochmals für den Job bewerben?

Ich bereue den Schritt ins Rektorat nicht und würde mich wieder um diese Stelle bewerben.

 

Seit 2017 sind Sie für das IB verantwortlich: erst als Prorektor, nun als Rektor. Manchen Schülerinnen und Schülern ist nicht ganz klar, was das IB ist. Um was handelt es sich beim IB Diploma Program?

Das IB ist ein internationaler Studienabschluss, welcher den Hochschulzugang für seine Absolventen und Absolventinnen sicherstellt. Bei uns haben wir das International Baccalaureate als sogenanntes Diploma Program. Dieses ist äquivalent zu der Matura, welche bei uns im Hause angeboten wird. Das IB DP dauert zwei Jahre und wird bei uns im dritten und vierten Kantijahr durchgeführt. Es wird ausschliesslich im Schwerpunkt Mathematik und Physik beziehungsweise Biologie und Chemie angeboten.

 

Weshalb wird das IB nur in diesem Schwerpunkt angeboten?

Dies hat mit der zu erreichenden Stundendotation zu tun. Die 240 Stunden, welche für das IB benötigt werden, müssen so gut wie möglich in einen schon vorhandenen Schwerpunkt untergebracht werden. Die Stundendotation des NP-Schwerpunkts bietet sich daher am besten für das IB an.

 

Was wird im IB unterrichtet?

Das IB ist aus sechs Fächern aufgebaut. Bei uns sind dies die Fächer Deutsch, Französisch, Englisch, Mathematik, das Schwerpunktfach Physik oder Biologie und das Fach Geschichte. Nebst diesen Fächern werden drei Module absolviert. Das Extended Essay, welches im Bereich einer grösseren Arbeit liegt, ist in seiner Form vergleichbar zur Maturaarbeit. Die Schülerinnen und Schüler besuchen das Fach TOK (Theory of Knowledge). Hier geht es hauptsächlich um die Frage, wie man zu neuem Wissen kommt und zu reflektieren, woher wir wissen, was wir zu wissen behaupten. Das letzte Modul nennt sich CAS (Creativity, Activity, Service). Hier betätigen sich die Schüler*innen kreativ, sportlich wie auch sozial in den drei Bereichen, diese belaufen sich auf etwa 50 Stunden, welche in der Freizeit absolviert werden müssen.

 

Gibt es einen Unterschied zwischen “normalen“ und IB-Klassen?

Diesen Unterschied gibt es sehr wohl und zeigt sich in der Stundentafel, da gewisse Kurse schon früher angeboten werden. Fächer wie Wirtschaft werden schon in der ersten Klasse, Fächer wie Philosophie bereits in der zweiten Klasse angeboten. Die Facharbeit im Deutsch wird ein Jahr vor allen anderen Klassen schon im zweiten Jahr geschrieben. All das ermöglicht, dass Zeit freigegeben wird für das Diploma Program in den Jahren 3 und 4. Die Schülerinnen und Schüler unterscheiden sich insofern, dass sich in den IB-Klassen hauptsächlich Schülerinnen und Schüler finden, denen das Lernen leicht fällt und die eine höhere Leistungsbereitschaft haben.

 

Für wen empfiehlt sich das IB?

Das IB empfiehlt sich für jene, denen das Lernen nicht schwer fällt, welche neugierig sind, neu Gelerntes rasch aufnehmen und gute Leistungen in der Schule erbringen. Die Anforderungen an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind hoch, denn sie werden in den beiden Jahren eine grosse Stoffmenge zu bewältigen haben. Ihr erworbenes Wissen und Können werden sie dann auch in den fachspezifischen Abschlussarbeiten anwenden.

 

Was motivierte die KSBG dazu, Teil des IB DP zu werden?

Man hat erkannt, dass in vielen Fächern ein Förderprogramm besteht. In den naturwissenschaftlichen Fächern fehlte diese jedoch. Im Rahmen der Begabungsförderung bot sich das IB an, um diesen Schüler*innen entgegenzukommen.

 

Welche Motivation haben die Schüler*innen, am IB DP teilzunehmen?

Das müssen Sie die Schülerinnen und Schüler besser direkt fragen. Ich kann mir vorstellen, dass sich einige für den bilingualen Ausbildungsgang in den Schwerpunkten P/AM und B/C interessieren und sich darum für das IB anmelden. Einige führt der spätere Ausbildungsweg tendenziell an eine Universität im Ausland. Mit dem IB haben sie nicht nur sprachlich ein gutes Rüstzeug, sondern auch im Hinblick auf das selbständige Lernen und das Schreiben von grösseren Arbeiten. Beides wird im IB DP in den sogenannten Internal Assessments gefördert. Andere begabte Schülerinnen und Schüler suchen wiederum gezielt ein Förderangebot, welches wir mit dem IB DP anbieten können. Beim Schreiben der eben genannten Arbeiten kann man sich vertieft mit einem Thema auseinandersetzen und dies mit wissenschaftlichen Methoden angehen. So zum Beispiel im Schwerpunktfach, in dem die Schülerinnen und Schüler mit Experimenten eine eigens aufgestellte Forschungsfrage beantworten.

 

Wie unterscheidet sich das IB Programm der Kanti gegenüber jenem anderer Schulen?

Das IB wird an über 5000 Schulen angeboten und die Unterschiede liegen hauptsächlich im Curriculum, also im Aufbau der angebotenen Fächer. Wir können nur bestimmte Fächer anbieten, da diese ebenfalls mit der Schweizer Matura kompatibel sein müssen. Fächer wie Deutsch und Englisch können bei uns normal wie auch als IB-Fächer angeboten werden. Daher ist es wichtig, dass wir diese Parallelen gut nutzen können. Manche Schulen haben hier mehr Spielraum und können vielleicht noch weiteres in den Fächern Kunst oder Philosophie anbieten. In dieser Hinsicht sind wir an der Kanti am Burggraben ein wenig eingeschränkt. Das IB ist bei uns ein zweiter Abschluss und ist dementsprechend für die Schüler*innen bereits ein Zusatzaufwand. An anderen Schulen wird der Fokus nur auf diese sechs Fächer und drei Module gesetzt. Bei uns kommen zusätzlich noch Fächer wie Geografie, Chemie oder BG dazu.

 

Wie wird sich das IB bei uns im Haus weiterentwickeln?

Wir hoffen, das IB weiterhin durchführen zu können. Im Rahmen des Gymnasiums der Zukunft rechne ich persönlich mit schwerpunktübergreifenden Klassen. Dies kann dem IB entgegenkommen, falls mehr Fächer dem IB gegenüber geöffnet würden. Man hofft so, mehr Schüler*innen für das IB anzusprechen, indem es nicht mehr nur in NP-Klassen angeboten wird.

 

Was halten Sie von der Aussage “IBler und IBlerinnen sind die Elite der Kanti”?

Das IB umfasst eine Gruppierung von sehr interessierten Schülerinnen und Schülern. Früher fand man im Schwerpunkt Latein die besten Leistungen, jetzt werden diese oft in der cNP-Klasse gefunden. Nichtsdestotrotz kam der Jahrgangsbeste dieses Jahr wieder aus dem Schwerpunkt Latein und nicht aus dem IB, aber das wechselt von Jahr zu Jahr. In den IB-Klassen werden auf jeden Fall gute Leistungen erbracht, aber ob man von einer Elite sprechen will, ist allen selbst überlassen. Schliesslich führt der Begriff “Elite” immer einen Beigeschmack von “elitär” und “abgehoben” mit sich. Am Ende des Tages sind es einfach interessierte Schülerinnen und Schüler, welche interessiert sind, gute Leistungen erbringen wollen und diese schlussendlich auch erreichen können.