Fachgruppenvorsitzender der Fachgruppe Latein ist Patrick Kuntschnik. Er hat sich unseren Fragen gestellt.
Haben Sie eine allgemeine Herangehensweise für Ihre Fachgruppe vorgeschrieben? Wenn ja, welche wäre das? (Direkter Austausch, Arbeitsaufträge etc.)
Wir haben keine Vorschriften per se, doch hat sich Teams zu einem gewissen Standard entwickelt. Zur Zeit arbeiten wir noch hauptsächlich mit Aufträgen und bieten regelmässige Besprechungstermine auf fakultativer Basis.
Glauben Sie, dass in diesen zwei Wochen bis zu den Frühlingsferien die Schülerinnen und Schüler produktiv arbeiten und davon profitieren können?
Wir alle haben eine grosse Umstellung erlebt und gehen mit dieser jeweils unterschiedlich um. SuS werden Mühe haben, den rigiden Stundenplantrott zu Hause nachzuahmen, und das ist auch gut so. Es besteht nun ja die schöne Möglichkeit, etwas flexibler als sonst nach Interesse Zeit in ein Thema zu investieren. Andererseits sind SuS gefordert, mit Disziplin auch das zu meistern zu versuchen, was für sie besonders schwierig und daher unangenehm ist. Insgesamt können wir alle von dieser besonderen Lage profitieren. Nicht zuletzt hoffen wir als Fachschaft, dass die Corona-Krise für Lehrpersonen wie auch für SuS positive Impulse gibt, gerade wenn es um offene und anspruchsvolle Lernformen geht, die Hartnäckigkeit erfordern.
Worin sehen Sie persönlich Chancen im Fernunterricht?
Als LP sind wir gezwungen, Aufträge zu vergeben, die in die Tiefe gehen, aber auch machbar sind. Fernunterricht hat die positive Konsequenz, dass wir vom Bulimielernen wegkommen. Es wird kein flächendeckendes Prüfungsregime geben, wie wir es vom Normalunterricht kennen (auch wenn es Big-Brother-Ansätze mit Smartphones usw. gibt), sondern Aufträge, in denen die SuS Verständnis für gelernte Konzepte sowie Kreativität beweisen müssen. Gedächtnisleistungen sind wichtig, denn wer nicht viel weiss, kann auch nicht viel denken, aber der Zwang zu vertiefter Arbeit ist eine Chance. Als LP können wir nämlich nur komplexe Arbeiten sinnvoll bewerten, wenn sie zu Hause gemacht worden sind. Einfache Recall-Aufgaben sind ja einfachst kopierbar. Was uns zur Überlegung verleitet: Wenn so viel von den Klausuren des Normalunterrichts im Fernunterricht wegen Copy und Paste unmöglich wird, gehen wir dann im gewöhnlichen Unterricht mit dem Wissen, das wir lehren, genug in die Tiefe? Schlucken wir die Konzepte nur, oder spielen wir mit ihnen?
Worin bestehen die grössten Risiken?
Wir haben als Schulgemeinschaft unseren Ort verloren, und der fehlende persönliche Kontakt wird wohl von SuS genauso gespürt wie von LP. Risiken liegen wohl im Bereich psychischen Gesundheit und vor allem auch der Selbstdisziplin. Was im Fernunterricht weniger möglich ist als im gewöhnlichen Unterricht ist Drill: Als LP können wir von den SuS weniger gut Rechenschaft einfordern, wenn es darum geht, Grundlegendes einfach auswendig zu lernen, damit man es immer parat hat und das Konzept im Kopf ganz durchdringt. Es geht hier um Formeln, Vokabular, Namen oder Jahreszahlen: Dinge, für die wir in der Schule oft Merksprüche verwenden. Im Fernunterricht sind alle viel mehr selbst fürs «langweilige» Auswendiglernen zuständig. Bei Kernkonzepten ist dies allerdings enorm wichtig, weil man sonst keine Intuitionen und Automatismen für diese grundlegenden Dinge entwickelt. Eben: Wer nicht weiss, kann auch nicht denken. Ein gewisser Druck der LP wird hierbei ja von den SuS auch gewünscht, aber der ist im Fernunterricht schwer umzusetzen.
Was empfiehlt die Fachgruppe, damit die Zeit Zuhause erträglicher wird?
Man verbringt für die Schule und auch sonst wohl schon sehr viel Zeit vor dem Bildschirm. Gut tun alle Tätigkeiten, denen wir ohne Bildschirm nachgehen können: Kochen, Lesen, Joggen, Malen, Musizieren, usw. Zudem ist jeder Kontakt zu anderen wertvoll, und die Korona-Krise scheint auch die Zeit der langen Spaziergänge und Telefonate zu sein. Gut so.